Lesenswertes

Hier findet ihr interessante Berichte aus der Zeitung, von Zeitzeugen und Menschen, die etwas zu sagen haben.

22.01.2025 Podiumsdiskussion 
des Vereins OMAS GEGEN RECHTS DEUTSCHLAND E.V. 

DEMOKRATIE SCHÜTZEN – AFD-VERBOT JETZT EINLEITEN!

Podiumsdiskussion des Vereins OMAS GEGEN RECHTS DEUTSCHLAND E.V.
am Mittwoch, den 22. Januar 2025, 19.00 – 21.00 Uhr
- Pressemeldung - 

Podiums-Teilnehmer*innen:

Marco Wanderwitz, MdB CDU
Saskia Esken, Co-Parteivorsitzende der SPD
Lamya Kaddor, MdB Bündnis 90/Die Grünen
Clara Bünger, MdB Die Linke
Chan-jo Jun, Rechtsanwalt
Michael Kraske, Buchautor und Investigativ-Journalist
Dirk Laabs, Buchautor und Investigativ-Journalist
Nadja Glatt, OMAS GEGEN RECHTS Bühl-Achern
Moderation Jutta Shaikh, OMAS GEGEN RECHTS DEUTSCHLAND E.V.

Auditorium: in der Spitze rund 550 Teilnehmer*innen

Am Mittwoch, den 22. Januar 2025 veranstaltete der Verein OMAS GEGEN RECHTS DEUTSCHLAND E.V. eine virtuelle Podiumsdiskussion zum Thema ‚Demokratie schützen – AfD-Verbot jetzt einleiten!‘ Die Einladung erfolgte an einen bundesweiten Verteiler von Medienvertretern, an Mitglieder des Vereins sowie Einzelpersonen aus dem großen Kreis von aktiven OMAS GEGEN RECHTS – mittlerweile rund 40.000!

Anlass war der von Marco Wanderwitz, CDU, initiierte parteiübergreifende Gruppenantrag im Bundestag zur ‚Einleitung eines Verfahrens zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der AfD gemäß Artikel 21 unseres Grundgesetzes‘. Dieser Antrag wird seit Monaten kontrovers diskutiert, so auch teilweise in der gestrigen Podiumsdiskussion. Der Antrag soll – gemeinsam mit einem weiteren Vorschlag von Renate Künast – am Donnerstag, den 30. Januar 2025 im Bundestag diskutiert werden.

In der Veranstaltung wurden nochmals Pro und Contra dieses Antrages dargelegt – mit deutlichem Überhang einer Befürwortung. Auch Saskia Esken sah die Verfassungs-Feindlichkeit der AfD gegeben, sprach sich jedoch für die SPD gegen diesen Antrag aus: es müsse aus ihrer Sicht ein noch breiteres parlamentarisches Bündnis aller Parteien unter Einbeziehung von Bundesrat und Bundesregierung geschaffen werden, bevor ein Antrag beim Bundesverfassungsgericht eingereicht werden könne. 

In bereits drei Schreiben der OMAS GEGEN RECHTS an die Vertreter von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung wurde auf die stete Radikalisierung der AfD, ihr völkisch-nationalistisches Gesellschaftsbild und die Delegitimierung demokratischer Prozesse hingewiesen. 

Die Verfassungsfeindlichkeit wurde bereits im Juni 2023 vom Deutschen Institut für Menschenrechte untermauert. Das Oberverwaltungsgericht Münster bestätigte im Sommer 2024 die Einstufung der AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall. 17 namhafte Verfassungsrechtler*innen, jüngst veröffentlicht, halten ein Verbotsverfahren für aussichtsreich und unterstützen die Initiative von Marco Wanderwitz. Analog haben sich vor wenigen Tagen 200 Juristinnen und Juristen geäußert.

Die OMAS GEGEN RECHTS forderten die Parlamentarier wiederholt auf, den Weg zum Bundesverfassungsgericht für eine Prüfung der AfD freizumachen, also im besten Sinne unserer Gewaltenteilung der Judikative ihre Arbeit zu ermöglichen. 

Zitat der OMAS GEGEN RECHTS:

„Nun also ist der Zeitpunkt gekommen, dass sich unsere Gesellschaft und unsere politisch Verantwortlichen zugunsten der Demokratie aktiv einsetzen. Wir OMAS GEGEN RECHTS fordern daher alle Abgeordneten im deutschen Bundestag auf, den Weg für ein Prüfverfahren des Bundesverfassungsgerichtes freizumachen. Nur so kann von einer ‚wehrhaften Demokratie‘ gesprochen werden!“

Der Vorstand des Vereins OMAS GEGEN RECHTS DEUTSCHLAND E.V.
23. Januar 2025

 RESUMEE

DEMOKRATIE SCHÜTZEN – AFD-VERBOT JETZT EINLEITEN!

 

Podiumsdiskussion des Vereins OMAS GEGEN RECHTS DEUTSCHLAND E.V.

am Mittwoch, den 22. Januar 2025

 

Podiums-Teilnehmer*innen:

 

Marco Wanderwitz, MdB CDU

Saskia Esken, Co-Parteivorsitzende der SPD

Lamya Kaddor, MdB Bündnis 90/Die Grünen

Clara Bünger, MdB Die Linke

Chan-jo Jun, Rechtsanwalt

Michael Kraske, Buchautor und Investigativ-Journalist

Dirk Laabs, Buchautor und Investigativ-Journalist

Nadja Glatt, OMAS GEGEN RECHTS Bühl-Achern

Moderation Jutta Shaikh, OMAS GEGEN RECHTS DEUTSCHLAND E.V.

 

Auditorium: in der Spitze rund 550 Teilnehmer*innen

 

Nach einer Begrüßung durch Jutta Shaikh wurden die anwesenden Podiums-Teilnehmer*innen gebeten, ihre Position zu einem potentiellen AfD-Verbot und dem parteiübergreifenden Gruppenantrag im Bundestag, initiiert von Marco Wanderwitz, darzulegen.

 

Marco Wanderwitz

 

Er verwies auf die Notwendigkeit der viel zitierten wehrhaften Demokratie, welche ihm Leitfaden für seinen Antrag ist. Die Gefährlichkeit der AfD steht für ihn außer Frage; die Einleitung eines Prüfverfahrens der Verfassungswidrigkeit der AfD durch das Bundesverfassungsgericht ist eine unabdingbare Notwendigkeit.

 

Herr Wanderwitz verwies auf die beiden derzeit vorliegenden Gruppenanträge im Parlament (Antrag Wanderwitz und Antrag Künast), erläuterte das Vorgehen über eine Abstimmung im Bundestag sowie die hohe Hürde einer benötigten 2/3-Mehrheit. Am Donnerstag, den 30. Januar 2025 werden die beiden Gruppenanträge zunächst gemeinsam im Parlament diskutiert. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die stetig steigende Zahl von Unterstützer*innen der parlamentarischen Kolleg*innen.

 

Chan-jo Jun

Der selbst von rassistischen Angriffen betroffene Rechtsanwalt verwies darauf, dass der Ausgang eines juristischen Verfahrens natürlich offen sei, dies jedoch kein Hinderungsgrund sein dürfe, das Verfahren anzustreben. Um ein Verfahren abzuwenden, müsste sich die AfD von allen radikalen Kräften in der Partei lossagen, was nicht zu erwarten steht. Die AfD ist eine durch und durch rassistische und völkisch-nationalistische Partei und stellt eine große Gefahr für unsere Demokratie dar. 

 

Herr Jun befürwortet die Unterstützung des Antrages von Marco Wanderwitz.

 

Michael Kraske

Herr Kraske erläuterte ausführlich die Gefährlichkeit der AfD für unsere Demokratie und verwies auf zahllose Belege, die für ein Verbot sprechen und längst vorliegen. Die AfD strebt eine völkisch-nationalistische Gesellschaftsordnung an, unterscheidet zwischen ‚echten‘ und sog. ‚Pass-Deutschen‘, nutzt seit dem Parteitag in Riesa im Januar 2025 nunmehr auch offiziell den Kampfbegriff ‚Remigration‘, kooperiert mit zahlreichen rechtsextremen sog. Vorfeld-Organisationen und möchte die Einwanderung, die es in Deutschland seit den 1960er Jahren gab und gibt, rückabwickeln. Sie tritt damit Menschenrechte und Menschenwürde mit Füßen.

 

Herr Kraske forderte die politisch Verantwortlichen eindringlich auf endlich zu handeln, um unsere Demokratie zu schützen. 

 

Dirk Laabs

 

Herr Laabs unterstrich die Forderungen seines Kollegen. Er verwies zudem auf die sich stetig verstärkenden Ängste von Menschen mit Migrationsgeschichte in unserer Gesellschaft. Auch prangerte er die Angst unserer politisch Verantwortlichen vor potentiellen Risiken eines AfD-Verbotsverfahrens an, forderte in diesem Zusammenhang politischen Mut, der einer wehrhaften Demokratie würdig wäre.

 

Auch Herr Laabs tritt für den Gruppenantrag von Marco Wanderwitz ein.

 
 

Nadja Glatt
 
Die Vertreterin der OMAS GEGEN RECHTS erläuterte ihre Lebensgeschichte, ihren Weg der Politisierung und ihr heutiges Engagement gegen Rechts. 


 Saskia Esken

Frau Esken verwies auf das weltweit zu beobachtende Phänomen eines Rechtsrucks und dankte der Zivilgesellschaft für ihr Engagement, um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten. Sie verwies zudem auf einen Beschluss der SPD mit der AfD nicht zu kooperieren.

Auch sie betrachtet die AfD als Bedrohung unserer Demokratie, fordert jedoch vor einem Gang zum Verfassungsgericht ein deutlich breiteres Bündnis aus Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung incl. Vertretern der CDU. Um diese breite Mehrheit herzustellen, benötigt es mehr Zeit. Ein Verbotsverfahren jetzt einzuleiten, wäre aus ihrer Sicht verfrüht. Eine knappe demokratische Mehrheit von z.B. nur 51 % würde ihrer Meinung nach nicht ausreichen. Demzufolge wird sie den Gruppenantrag von Marco Wanderwitz nicht unterstützen.

In der anschließenden Diskussionsrunde, die sich aus Zeitgründen nur an Frau Esken richtete, wurde ihre Position kritisch hinterfragt. Auch Auszüge aus dem Chat sprachen eine deutliche Sprache und drückten erhebliches Unverständnis für die Position von Frau Esken aus. Von Jutta Shaikh wurde darauf verwiesen, dass es vorläufig nicht um ein Verbots-, sondern im ersten Schritt um ein Prüfverfahren ginge. Dirk Laabs wies darauf hin, dass Innenministerin Faeser anordnen könne, den Verfassungsschutzbericht zu veröffentlichen, was eine Entscheidung erleichtern und beschleunigen würde. Rechtsanwalt Jun ergänzte, dass spätestens seit dem Urteil des OVG Münster im Mai 2024 ausreichend Belege für ein Verfahren vorliegen würden, da sich die AfD seither nochmalig radikalisiert hätte. Michael Kraske forderte erneut zu raschem Handeln ohne weitere Verzögerung auf, da die Demokratie massiv in Gefahr sei. Eine Zustimmung der CDU sei bis auf Weiteres nicht zu erwarten. Mit diesem Vorgehen von Frau Esken würde der Weg zum Bundesverfassungsgericht letztlich torpediert.

Saskia Esken wiederholte nach intensiver Diskussion ihre Forderung, dass zuerst eine breitere parlamentarische Mehrheit incl der CDU zu gewinnen sein müsse. Sie richtete sich erneut gegen eine Mehrheits-Abstimmung im Bundestag am bevorstehenden 30. Januar 2025.
Lamya Kaddor

Frau Kaddor ist eine der Erstunterzeichner*innen des Gruppenantrages von Marco Wanderwitz. Auch die Mitglieder der AG Innenpolitik der Grünen haben den Wanderwitz-Antrag geschlossen unterzeichnet. Sie verwies zudem auf die beiden vorliegenden Gruppenanträge, darunter einer von Renate Künast initiiert.

Frau Kaddor beschäftigt sich seit langen Jahren mit Migrationspolitik, sie erläuterte im Hinblick auf das sog. Remigrationsprojekt der AfD, dass in Deutschland als Einwanderungsland knapp 30 % Menschen mit Migrationsgeschichte leben würden, die allesamt von dem Vorhaben der AfD betroffen wären. Sie verwies auf den extremen gesellschaftlichen Verlust dieser Menschen und erläuterte deren Ängste.

Clara Bünger

Auch Frau Bünger ist eine der Erstunterzeichner*innen des Wanderwitz-Antrages. Sie bedankte sich ausdrücklich bei ihm für sein couragiertes Vorgehen und unterstützt seinen Antrag bedingungslos mit der Aussage ‚Wann, wenn nicht jetzt!‘.

Sie forderte eine unabdingbar eindeutige Haltung zu Menschenrechten, sieht ansonsten die Einhaltung der Grundrechte aller Bürger*innen in Gefahr. Sie verwies darauf, dass Positionen der AfD mittlerweile weit in die gesellschaftliche wie auch politische Mitte reichen. Das ‚Spielen auf Zeit‘ der SPD verurteilte sie.

Abschließende Diskussionsrunde
 
Bis auf Weiteres sollten unsere Parlamentarier neuerlich angeschrieben werden, was seitens der OMAS GEGEN RECHTS bereits dreimal erfolgt ist.
 
Auch ein offener Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundesinnenministerin Nancy Faeser sowie an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wurde empfohlen – auch dies ist seitens der OMAS GEGEN RECHTS bereits geschehen, allerdings ohne Presse-Echo.
 
Zu guter Letzt, quasi als Mutmacher, wurde aufgefordert die Reihen der Demokraten zu schließen. Eine langfristige Strategie sollte von allen demokratischen Kräften zudem erarbeitet werden. 

WAHL,CHAT - Politik interaktiv verstehen

Es gibt ja seit wenigen Tagen eine Alternative zum Wahl - o Mat, nämlich den Chatbot WAHL.CHAT

Mit dem WAHL:CHAT kannst du die Ziele und Positionen der Parteien für die Bundestagswahl 2025 vergleichen und diskutieren. 

Schriftwechsel mit der Bundeszentrale für politische Bildung zum Thema Wahl-O-Mat

Omas gegen Rechts Nordfriesland 19.11.2024
An die Bundeszentrale für politische Bildung

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir Omas gegen Rechts Nordfriesland sind eine überparteiliche, zivilgesellschaftliche Initiative, die
sich für den Erhalt unserer freiheitlichen und rechtsstaatlichen Demokratie einsetzt.
Einige von uns, sowie Menschen im Bekannten- und Freundeskreis, haben im Zusammenhang mit der
Europawahl 2024 den Wahl-O-Mat getestet.
Dabei mussten wir irritiert feststellen, dass als Wahlempfehlung die „AfD“ (in Teilen gesichert
rechtsextremistisch, vom Verfassungsschutz beobachtet) genannt wurde, obwohl wir diese
verfassungsfeindliche Partei niemals wählen würden. Wir Nutzer*innen sind im Gegenteil allesamt
Anhänger*innen unterschiedlicher demokratischer Parteien SPD, CDU, Grüne etc.
Das Ergebnis befremdet und beunruhigt uns. Wir fragen uns, inwieweit die Qualität des Wahl-O-Mats
gewährleistet ist. Wie wir wissen, werden die Thesen für den Wahl-O-Mat von einer Gruppe von
jungen Menschen aus Schule, Ausbildung oder Studium entwickelt. Beraten werden die
Jungwähler*innen dabei von Fachleuten aus Politikwissenschaft, Pädagogik, Statistik etc. Grundlage
für die Thesen sind vorliegende Wahlprogramme der Parteien.
Hier liegt womöglich das Problem. Die „AfD“ ist, wie hinlänglich bekannt, außerordentlich geschickt in
der Tarnung ihrer demokratiefeindlichen rechtsextremen Überzeugungen und Pläne. Thesen in den
„AfD“-Wahlprogrammen sind in großen Teilen oberflächlich, allgemein, unverbindlich, harmlos und
bewusst „bürgerlich“ gehalten. Erklärte Strategie der Partei ist es, sich auf diese Weise einen
demokratischen Anstrich zu geben, um für große Teile der Bevölkerung als „normale“, wählbare Partei
zu gelten. In Wahrheit nutzt die extremistische „AfD“ demokratische Wahlen und in der Folge das
Parlament, die Landtage etc., um unsere freiheitliche Demokratie immer weiter auszuhöhlen und
letztlich zu zerstören. Das öffentlich erklärte Ziel der "AfD" ist ein Ein-Parteien-Staat. Insbesondere
junge Menschen werden dabei, wie Sie wissen, von der „AfD“ umworben – inzwischen erschreckend
erfolgreich, wie die Ergebnisse der Europawahl 2024 und die letzten Landtagswahlen belegt haben.
Nicht wenige junge Menschen sowie Menschen, die nicht Stammwähler*innen einer bestimmten
Partei sind, folgen der Wahlempfehlung durch den Wahl-O-Mat, ohne diese zu hinterfragen. Für sie
gilt der Wahl-O-Mat als faktenbasierte "neutrale" Instanz, die ihnen eine intensivere
Auseinandersetzung mit den Zielen von Parteien und ihrer Protagonist*innen erspart.
Deshalb fragen wir Sie, inwieweit in der Wahl-O-Mat-Programmierung diese geschickte Tarnung der
„AfD“ berücksichtigt wird bzw. überhaupt berücksichtigt werden kann. Im Falle der „AfD“ reicht es
unseres Erachtens nicht aus, die Wahlprogramme auszuwerten und auf digitalisierbare knackige
Thesen herunterzubrechen. Die verfassungsfeindliche Ausrichtung der Partei muss klar benannt
werden.
Sie tragen als Bundeszentrale für politische Bildung eine besondere Verantwortung zum Schutz
unserer Demokratie. Wir appellieren daher an Sie, die Programmierung des Wahl-O-Mats zu
überprüfen und entsprechend über die „AfD“ aufzuklären bzw. zu warnen.
Eine Wahlempfehlung „AfD“ stellt eine Gefahr für unsere Demokratie dar.
Wir erwarten gerne Ihre Stellungnahme.
Freundliche Grüße
Omas gegen rechts Nordfriesland
i.A. Gudrun Nacke 

info  20.11.2024 14:43
AW: Wahl-O-Mat, Aktuell:
Bundestagswahlen 2025

An Omas gegen Rechts Nordfriesland   

Sehr geehrte Frau Nacke, 
vielen Dank für Ihr Interesse an den Angeboten der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb). 

Die Thesen des Wahl-O-Mat werden von einem Redaktionsteam aus Jungwählerinnen und -wählern, Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Journalismus und Bildung sowie den Verantwortlichen der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb ausgewählt. Grundlage für die Thesen sind die Partei- und Wahlprogramme der Parteien sowie deren programmatische Aussagen zur Wahl. Die Thesen können sich aber nicht nur auf Themen beziehen, die von jeder Partei im Vorfeld in den programmatischen Unterlagen erwähnt werden, sondern greifen auch solche Themen auf, die nicht bei allen Parteien im Programm stehen. 

Die Positionen und Begründungen der Parteien zu den Thesen im Wahl-O-Mat stammen ausschließlich von den Parteien selbst. Sie werden von der Wahl-O-Mat-Redaktion nicht interpretiert oder geändert. 

Die Wahl-O-Mat-Thesen werden zur Beantwortung an die Vorstände oder Geschäftsführungen der Parteien geschickt. Diese legen eigenverantwortlich fest, wer für die Partei die Thesen beantwortet. Die Parteien hatten etwa drei Wochen Zeit, alle Thesen zu beantworten. Sie wurden gebeten, die Thesen entsprechend der Parteihaltung mit "stimme zu", "stimme nicht zu" oder "neutral" zu beantworten. Außerdem konnten sie zu jeder These eine Begründung abgeben, in der sie ihre jeweilige Position ausführen und ihren genauen Standpunkt zur These konkretisieren können. 

Die Thesen werden ausschließlich von den Parteien beantwortet. Bei Unstimmigkeiten zwischen Position und Begründung einer Partei oder möglichen Fehlern wird diese darauf hingewiesen, doch können nur die Parteien selbst entscheiden, ob ihre Einträge geändert werden. 

Im Wahl-O-Mat waren auch Parteien vertreten, die vom Verfassungsschutz des Bundes oder der Länder beobachtet und als extremistisch eingestuft wurden. Welche Parteien als extremistisch eingestuft wurden, können Sie auf den Seiten des Verfassungsschutzes nachlesen. 

Ob Sie eine bestimmte Partei wählen sollten oder nicht, will und kann der Wahl-O-Mat Ihnen nicht beantworten. Ihre Entscheidung für oder gegen eine Partei sollten Sie daher in keinem Fall allein von Ihrem Wahl-O-Mat Ergebnis abhängig machen. Der Wahl-O-Mat kann Ihnen nur erste Informationen zur Wahl und den Parteien geben. Bewerten Sie Ihr Wahl-O-Mat-Ergebnis daher nicht als Wahlempfehlung für eine Partei, sondern nehmen es als Startpunkt, um sich noch besser über die zur Wahl stehenden Parteien zu informieren. 

Für weitere Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. 

Bitte fügen Sie bei einer Antwort immer den gesamten Schriftverlauf und alle Anlagen bei. 

Drucken Sie die Mail bitte nur, wenn es wirklich notwendig ist Sie sparen pro Seite ca. 200 ml Wasser, 2 g CO2 und 2 g Holz. 

Freundliche Grüße Im Auftrag Sander Hartkamp

Herausgeber/-innen: Bundeszentrale für politische Bildung/bpb Bürgerservice Team: Lisa-Marie Beyer, Julia Brück, Kevin Depner, Sander Hartkamp, Katja Krause, Sarah Pietrzyk, Antonia Wachendorff, Anastasiia Rubenko, Moritz Wächter, Elis Marder. 

Bundeszentrale für politische Bildung Sander Hartkamp Stabsstelle Kommunikation Bürosachbearbeiter Bundeskanzlerplatz 2 
53113 Bonn 
0228 99515-0 
Fax: +49 (0)228 99515-293 
[email protected] www.bpb.de 

Omas gegen Rechts Nordfriesland 08.12.2024 

An die Bundeszentrale für politische Bildung 

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Hartkamp, 

danke für Ihre Antwortmail vom 20.11.2024. Leider ist Ihr Brief keine zufriedenstellende Reaktion auf unsere Kritik am Wahl-O-Mat. Wir stellen fest, dass Sie als Vertreter der bpb auf unsere Ausführungen nicht eingehen. Stattdessen erklären Sie uns, wie der Wahl-O-Mat funktioniert, was uns hinlänglich bekannt ist. 

ABER: Wir zweifeln daran, dass Nutzer*innen des Wahl-O-Mat diesen als „Startpunkt“ für eine weitere Auseinandersetzung nutzen, wie Sie sich das vorstellen. Diejenigen, die sich sowieso schon aus eigenem Antrieb mit Wahlprogrammen und Parteienaussagen intensiver auseinandersetzen, werden den Wahl-O-Mat möglicherweise als „Spiel“ betrachten. 

ABER: Diejenigen, die wenig Zeit und Lust haben, sich vor Wahlen intensiver mit Parteiprogrammen und Parteistandpunkten auseinanderzusetzen - und genau um diese Nutzer*innen geht es uns OMAS GEGEN RECHTS -, werden den Wahl-O-Mat möglicherweise als einzige Informationsquelle nutzen und sich vom ausgeworfenen Wahl-O-Mat-Ergebnis in ihrer Wahl zumindest stark beeinflussen lassen. Und genau das halten wir OMAS GEGEN RECHTS in heutigen postfaktischen Zeiten mit antidemokratischen Parteien, die sich aber demokratisch wählen lassen, für brandgefährlich. 

Ihr Wahl-O-Mat gilt als seriös, daher wird das, was er „ausspuckt“ als „seriös“ gewertet. Schließlich bezeichnen auch Sie selbst Ihren Wahl-O-Mat als „feste Informationsgröße im Vorfeld von Wahlen“. Einerseits stellen Sie den Wahl-O-Mat als „Spiel“ dar, andererseits soll er „Informationsquelle“ sein. 

Die antidemokratischen, menschenfeindlichen Vorstellungen und Ziele der neuen Rechten, dessen parlamentarischer Arm die AfD ist, die seit fast einem Jahrzehnt Parlamente, Öffentlichkeit, Medien, die Zivilgesellschaft permanent mit Hass, Hetze und Lügen beschallt und sich immer weiter radikalisiert, lassen sich über deren strategisch „verbürgerlichtes“ Wahlprogramm, in dem sie ihre wahren Ziele und Absichten verschleiern, algorithmisch nicht adäquat abbilden. Das ist das Kernproblem. 

Hinzu kommt, dass komplexe Sachverhalte sich nicht auf Algorithmen herunterbrechen lassen, vermeintlich „einfache Antworten“ dagegen schon. Insofern haben (rechts-)extreme, postfaktische Parteien im Wahl-O-Mat-Verfahren sogar ganz klar einen Vorteil gegenüber den anderen Parteien. 

Ein weiterer wesentlicher Widerspruch in Ihrer Argumentation zu Sinn und Zweck des Wahl-O-Mat ist abschließend der folgende: Einerseits soll der Wahl-O-Mat nach Ihrer Darstellung „spielerische“ Motivation zur ernsthaften und fundierten Auseinandersetzung mit von den Parteien selbst beantworteten – mithin subjektiven – Parteistandpunkten sein, andererseits soll der Wahl-O-Mat erst zwei bis drei Wochen vor der vorgezogenen Bundestagswahl freigeschaltet werden. Was im Klartext bedeutet, dass die Nutzer*innen des Wahl-O-Mat maximal zwei bis drei Wochen Zeit haben, sich ausführlicher über für sie wählbar erscheinende Parteien zu informieren, um ihr Ergebnis des Wahl-O-Mat zu verifizieren oder zu falsifizieren. Dies ist aber rein zeitlich gesehen komplett unrealistisch. Wie gesagt bezweifeln wir stark, dass sich ein Großteil der Nutzer*innen überhaupt noch über das Wahl-O-Mat-Ergebnis hinausgehend informieren wird. 

Zum Schutz unserer offenen Gesellschaft fordern wir OMAS GEGEN RECHTS die Bundeszentrale für politische Bildung in dieser historischen Situation auf, verantwortungsbereit auf die Freischaltung des geplanten Wahl-O-Mat vor der Bundestagswahl 2025 zu verzichten. 

Freundliche Grüße 
Omas gegen Rechts Nordfriesland 
i.A. Gudrun Nacke 

Omas gegen Rechts Nordfriesland 14.1.2025 
20:31 Re: AW: Wahl-O-Mat, 
Aktuell: Bundestagswahlen 2025 
An info    

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Hartkamp, 

leider haben wir von Ihnen noch keine Antwort auf unser Schreiben vom 08.12.2024 erhalten. Das ist bedauerlich. Angesichts der immer dreister zu Tage tretenden radikal antidemokratischen und menschenfeindlichen Positionen der Partei "AfD", ihrer Strategie der Selbstverharmlosung, ihrer offensichtlichen Lügen (aktuell wieder eklatant zu erleben auf dem Parteitag in Riesa) und der Einflussnahme von Elon Musk & Co. auf die verbliebenen westlichen Demokratien sind wir äußerst besorgt über den Einfluss des Wahl-O-Mat auf die Wahlentscheidung von Wähler*innen. Deswegen möchten wir noch einmal an Ihre Verantwortung als Bundeszentrale für politische Bildung zum Schutz der Demokratie appellieren: Bitte verzichten Sie auf die Freischaltung des Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl 2025. 

Freundliche Grüße Omas gegen Rechts 

i.A. Gudrun Nacke 

Nr. 18 / 7. November 2024

Landesbeauftragter für politische Bildung, Aktion Kinder- und Jugendschutz SH und Offene Kirche Sankt Nikolai holen Anne Frank-Ausstellung 2025 nach Kiel und erinnern mahnend an 
Novemberpogrome

Der 9. November 1938 gilt als Wendepunkt von der Diskriminierung und
Verfolgung von Jüdinnen und Juden im Nationalsozialismus hin zum gezielten
Massenmord an Millionen von Menschen in Europa. Der Landesbeauftragte für
politische Bildung, die Aktion Kinder- und Jugendschutz Schleswig-Holstein e.V.
und die Offene Kirche Sankt Nikolai zu Kiel erinnern mahnend an diese Verbrechen und gedenken Betroffener wie Anne Frank.

„Der 9. November ist nicht nur ein Datum, sondern eine Mahnung“, betont Christian

Meyer-Heidemann, Landesbeauftragter für politische Bildung. „Wir müssen aktiv gegen Antisemitismus und jede Form von Hass und Intoleranz eintreten. Das Gedenken an die Novemberpogrome und an bekannte Opfer wie Anne Frank fordert uns auf, die Stimme zu erheben und uns für eine Gesellschaft einzusetzen, in der Vielfalt geschätzt, geschützt und gelebt wird.“

Anne Frank steht stellvertretend für die vielen jüdischen Kinder und Jugendlichen, die von Nationalsozialisten entrechtet und ermordet wurden. „Ihr Tagebuch, ein
eindringliches Dokument menschlicher Hoffnung und Verzweiflung, erinnert uns daran, dass wir die Stimmen der Opfer nie vergessen dürfen. In Zeiten, in denen
Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung erneut an Stärke gewinnen, ist es
unerlässlich, diesen Bestrebungen mit Entschlossenheit entgegenzutreten“, erklärt
Meyer-Heidemann heute (Donnerstag) in Kiel.

Vom 14. September bis zum 9. Oktober 2025 wird die vom Anne Frank Zentrum Berlin konzipierte Ausstellung „Deine Anne. Ein Mädchen schreibt Geschichte“ in der Offenen Kirche St. Nikolai in Kiel gezeigt werden. „Mit dem Ziel Demokratie lernen und Vielfalt erfahren treffen sich die Programme der Aktion Kinder- und Jugendschutz zu 2 Gewaltprävention, Prävention von Rassismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit mit der Intention der Anne-Frank-Ausstellung“ erläutert Ria Lissinna, Geschäftsführerin der Aktion Kinder- und Jugendschutz Schleswig-Holstein e.V., ihr Engagement für die Ausstellung in Kiel.
Parallel zur Ausstellung findet ein umfangreiches Rahmenprogramm statt. 

„Diese Ausstellung bietet Kindern und Jugendlichen die Chance, sich mit einem jüdischen Mädchen, ihrer Geschichte, ihren Gedanken und Träumen zu identifizieren. Identifikation oder sich Wiedererkennen im Anderen sind dabei der Startpunkt für ein Ende von Ausgrenzung“, so Iris Janßen, die Vorsitzende der Aktion Kinder- und Jugendschutz e.V. Sie zeigt sich überzeugt, dass es nur über den Weg der eigenen Betroffenheit gelingen kann, Menschen grundsätzlich, aber gerade auch junge Menschen, gegen politischen Populismus zu sensibilisieren und sich damit gegen jede Form von Ausgrenzung, Rassismus und Antisemitismus persönlich aufzustellen.

Maren Schmidt, Pastorin der St. Nikolai-Kirche, ergänzt: „Wir schaffen mit der
Ausstellung in St. Nikolai einen Raum der Erinnerung, damit wir unsere Gegenwart und Zukunft lebensfreundlich gestalten können – in einem friedlichen und wertschätzenden Miteinander der Völker und Religionen. Die Anne-Frank-Ausstellung ist ein Plädoyer für die Würde des Menschen, die sich nicht an Herkunft oder Religionszugehörigkeit festmacht und damit ein wichtiges Zeugnis für unsere Zeit.“

Hintergrund: Anne Frank wurde 1929 in Frankfurt geboren. Ihre Familie emigrierte 1933/34 nach Amsterdam, wo sie sich ab 1942 in einem Hinterhaus versteckten mussten. Dort schrieb Anne Tagebuch – als Heranwachsende, als Zeitzeugin und als talentierte Schreiberin. Die Untergetauchten wurden 1944 verraten, verhaftet und in europäische KZs deportiert. Anne Frank starb 1945 im Alter von 15 Jahren im KZ Bergen-Belsen. Ihr Tagebuch ist Symbol für den Völkermord an den Juden durch die Nationalsozialisten und intimes Dokument der Lebens- und Gedankenwelt einer jungen Schriftstellerin. Die Ausstellung „Deine Anne. Ein Mädchen schreibt Geschichte“ umfasst Stellwände, Zeitzeugenberichte, Fotos, Videos und andere Multimedia- Elemente, die entlang von Anne Franks Lebensgeschichte historische Fakten zur Weimarer Republik, zum Nationalsozialismus, zu Antisemitismus und zum Holocaust vermitteln. 

Peer-Guides (Jugendliche ab 16 Jahren) führen ab dem 15. September
2025 Klassen und Gruppen durch die Ausstellung in Kiel. Die Anmeldungen für
Schulklassenbesuche sind ab Mai 2025 bei Frau Kathrin Gomolzig von der AKJS
möglich.
Für Rückfragen stehen Ihnen
Frau Freya Elvert, Referentin beim Landesbeauftragten für politische Bildung, unter
Tel.: 0431/988-1640 oder per Mail unter [email protected]

Leseempfehlung aus

DIE ZEIT 41/2024

Wahlen in Ostdeutschland 

Gruselig happy 

Warum um Himmels willen wählen so viele junge Menschen die AfD? 
Von August Modersohn 


Unter den vielen schlechten Nachrichten der letzten Wochen ist dies die schlechteste: Junge Leute unter 24 wählen die AfD. 31 Prozent in Sachsen und Brandenburg, 38 Prozent in Thüringen. Die AfD ist die mit Abstand beliebteste Partei bei der Jugend.
Warum ist das so? TikTok, Rebellion, Ahnungslosigkeit – und Wohlstandsverwahrlosung einer Generation ohne Probleme. Das sind so die schnellen Antworten. Aber sind sie nicht ein bisschen unernst? Macht, wer so argumentiert, nicht den Fehler, die Entscheidung zu entpolitisieren? Als wären Jungwähler vom Algorithmus gesteuerte Avatare, die gar nicht anders können, als Maximilian Krahs Videos zu liken und seiner Partei ihre Stimme zu geben.
Nein: Wer AfD wählt, weiß genau, was er tut. Wer AfD wählt, will AfD.
Es wurde ja zuletzt einiges versucht, um zu erklären, die Wahl dieser Partei habe eigentlich nichts mit den Inhalten ihrer Politik zu tun. Gerade im Osten sei die AfD so stark, weil die Leute »diktatursozialisiert« seien. Die DDR habe sie geschädigt, vielleicht seien sie auch traumatisiert von den Neunzigerjahren, sicher aber sei nicht die aktuelle Lage der Grund dafür, dass sie für Höcke stimmen!

Natürlich gibt es viele ältere AfD-Wähler, auch bei den Leuten zwischen 35 und 44 ist die Partei im Osten deutlich stärkste Kraft. Bei denen also, die in einer Zeit des Wegzugs und der Massenarbeitslosigkeit groß geworden sind. Aber die Zahlen zeigen auch, dass die ältesten Bürger am seltensten die AfD wählen. Nirgends hatte die Partei so wenig Zustimmung wie bei den Leuten über 70. Diejenigen, die am meisten Vergangenheit erlebt haben, möchten ihre Zukunft am allerseltensten der AfD anvertrauen.

Also: Bitte jetzt nicht weiter psychologisieren! Nur wer die Jugendlichen ernst nimmt, wird sie zurückgewinnen.
Die vergangenen Jahre waren ja für junge Leute wenig berauschend. Corona, Krieg, Perspektivlosigkeit. Früher galt das Versprechen: Euch wird es einmal besser gehen. Und jetzt? Wer soll daran noch glauben? Welcher Politiker traut sich noch, das zu versprechen?
Die meisten Parteien bieten den jungen Leuten keine Vision mehr. Sie stellen die Bedürfnisse der Jugendlichen nur selten in den Mittelpunkt. Und wenn sie sich dann doch einmal an sie wenden, dann sind das so wertschätzende Ideen wie ein soziales Pflichtjahr.

Das Verhalten der anderen Parteien ist eben auch eine plausible Erklärung für das Verhalten der Jugendlichen
Die Zukunft ist düster. Das ist das Gefühl, mit dem man aufwächst als junger Mensch. Und, ähm, ja, sorry, aber euch wird es einmal schlechter gehen als uns. Könnt ihr uns später trotzdem pflegen, bitte? Verlockend ist da vielleicht, was die AfD verspricht: Wir pfeifen auf die Zumutungen, machen einfach weiter. Verbrenner, Grenzen dicht, alles wie früher, nur noch viel schöner. Der Rechtsextremismus kommt gut gelaunt daher. Gruselig happy.

Klar, etwas widerständig mag es auch sein, AfD zu wählen. Und, ja, TikTok beherrscht die Partei besonders gut. Aber das Verhalten der anderen Parteien ist eben auch eine plausible Erklärung für das Verhalten der Jugendlichen.
Der politische Wettkampf im Osten war von der CDU bis zur Linken zuletzt eher ein Abwehrkampf. Es ging fast nur noch darum, die AfD zu besiegen. Sie zu bekämpfen, zu schwächen, zu verhindern. Wer aber nur verteidigt, hat es schwer, Fans zu finden. Wer nur damit für sich wirbt, dass er wenigstens kein Faschist sei, kann auf Dauer nicht überzeugen. In Brandenburg zeigte sich das Problem am deutlichsten: Dietmar Woidke verkaufte sich als letztes Bollwerk gegen den Faschismus. Liegt die AfD vor mir, dann gehe ich. Er hatte Erfolg mit seiner Drohung, die SPD gewann knapp. Die CDU aber wurde gerade so zweistellig, die Grünen und die Linke sind rausgeflogen. Was auch daran lag, dass viele Leute nun die Sozialdemokraten wählten, obwohl sie andere Parteien lieber mögen.
Politik als letztes Gefecht – soll das ernsthaft die Antwort sein für die Zukunft?
Und doch: Wer einmal AfD wählt, tut das nicht für immer. Vor ein paar Jahren dachten viele, die FDP wäre die Partei der Zukunft. Bei den Jungen war sie auf einmal beliebt. Jetzt, bei den ostdeutschen Landtagswahlen, landete sie jeweils bei etwa einem Prozent.
Noch ist die Jugend nicht von gestern.

2. Leseempfehlung aus 

DIE ZEIT 

41/2024

Damit es wieder so wird, wie es nie war: Über die unheimliche Nähe von AfD und BSW und ihre gar nicht so erstaunlichen Wahlerfolge
Von Thomas Assheuer

Zur Not tut’s auch eine Schere. Als mutige Osteuropäer 1989 auf den Straßen den Sturz des kommunistischen Regime feiern wollten, hatten sie ein Problem. Fahnen gab’s zwar reichlich, aber auf ihnen prangten noch Hammer und Sichel. Was tun? Die Revolutionäre schnitten das Emblem der Diktatur kurzerhand heraus. Und in den Fahnen der Freiheit klaffte ein riesiges Loch.
Bild oben: November 1989: Junge DDR-Bürger haben aus der Staatsfahne Hammer, Zirkel und Ährenkranz herausgeschnitten
Die Anekdote stammt von Slavoj Žižek, und weil er nicht nur Philosoph, sondern auch Psychoanalytiker ist, interessiert er sich mehr für das Loch als für die Fahne. Mit welchen Erwartungen würden die Revolutionäre die Lücke füllen? Der Westen lockte mit echter Freiheit und Demokratie; er winkte mit der Leichtigkeit des Lebens und wachsendem Wohlstand. Doch weil nicht alle Versprechen in Erfüllung gingen, setzte bald eine gewisse Produktenttäuschung ein. Erneut gähnte in der Fahne der Freiheit ein Loch, und wieder wurde die imaginative Leere mit Fantasien gefüllt. Diesmal mit den hässlichen Geistern der Vergangenheit. Mit Nationalismus.
Žižek hatte damals seine Heimat Slowenien im Blick. Doch treffen seine Beobachtungen nicht auch auf ostdeutsche Bundesländer zu? Welche Bilder vom goldenen Westen kursierten beim Fall der Mauer? Und hätte man nicht vor Enttäuschungen gewarnt sein können?
Jürgen Habermas war nicht der Einzige, dem die Art und Weise, wie die Regierung Helmut Kohl den Anschluss der DDR an die BRD betrieb, ein rechtes Ärgernis war. Es sei ein Fehler, schrieb er, das »brachliegende Gefühlsgelände« der untergegangenen DDR allein mit ökonomischen Versprechungen und »DM-Nationalismus« zu bewirtschaften; dies demütige die Bevölkerung und beleidige ihren demokratischen Geist (ZEIT Nr. 14/90).
In einem frühen, wegen seiner prophetischen Qualitäten weit über den akademischen Sperrbezirk hinaus bekannt gewordenen Aufsatz warnte auch Claus Offe vor westdeutschen Illusionen. Der Politikwissenschaftler fürchtete, die »zwangshomogenisierte« Gesellschaft der Ex-DDR sei mit der radikalen marktwirtschaftlichen Öffnung überfordert. Der Osten sei nicht wie der Westen; er müsse den Gebrauch seiner neuen politischen Freiheiten erst noch einüben, ihm fehlten eine vitale Zivilgesellschaft und öffentliche Räume zur Selbstverständigung. Ohne diese Möglichkeit würde sich die Bevölkerung auf ihrer »Suche nach verlässlichen Grundlagen der gesellschaftlichen und politischen Übereinstimmung an nationale Identitäten und ethnische Selbstbehauptungswünsche« klammern (Merkur Nr. 505/91).
»Freiheit« ist kein Zielbegriff mehr, erst recht nicht, wenn sie ein neoliberales Aroma verströmt
Heute weiß man: Die liberalen Gründungserzählungen der Neunzigerjahre verdampften mit atemberaubender Geschwindigkeit. »Freiheit« ist kein Zielbegriff mehr, erst recht nicht, wenn sie ein neoliberales Aroma verströmt. Viele, die sich nun vom »System« abwenden, könnten sagen, was Karl Roßmann sagte, der Held in Kafkas Amerika-Roman, »›Ja, frei bin ich‹, sagte Karl, und nichts schien ihm wertloser.«
Wodurch wird die frühe BRD-Erzählung von Fortschritt und Freiheit heute ersetzt? Unlängst war eine Werbung für Björn Höcke zu sehen, auf dem der AfD-Politiker, kein Witz, mit einem DDR-Kleinkraftrad der Marke Simson (3,7 PS) wie ein Easy Rider durch den Thüringer Wald knattert und dabei »Ja zur Jugend!« ruft. Die rechtsradikale DDR-Nostalgie mag überraschen, neu ist sie nicht. Kurz nach Putins Überfall auf die Ukraine fühlte sich Höcke bemüßigt, ein »persönliches« Bekenntnis abzugeben und seine Herzensliebe zu Russland (»Dostojewski!«) zu bekunden – der warme metaphysische Osten liege ihm näher als der kalte amerikanisierte Westen. Wie fast alle rechtsextremen Politiker erblickt Höcke in Putin einen Aufhalter, einen last man standing. Im heiligen Moskau bekämpft er die dekadente »Einheitszivilisation« (Homoehe, Diversität, Gendersternchen) und leistet Widerstand gegen die Verwandlung abendländischer Völker »in die gesichtslose Masse von perfekt durchmaterialisierten Konsumfaschisten«.
Ähnlich spielt auch Sahra Wagenknecht auf der Klaviatur der Amerika-Verachtung. In ihren Augen sind die USA total verlogen; sie maßten sich an, souveräne Länder wie Russland an den Pranger zu stellen (»Menschenrechte!«), während sie selbst – und das stimmt ja – im Irakkrieg die Welt hinters Licht geführt und das Völkerrecht gebrochen haben. Inzwischen gibt es für Wagenknecht offenbar Anlass zu Hoffnung: »Die USA sind eine riesige Weltmacht im Niedergang«, ihre »globale Hegemonie zerfällt«, niemand wolle noch von ihr »gelenkt werden«. So hat sich, scheint sie sagen zu wollen, drei Jahrzehnte nach dem Zerfall des sowjetischen Imperiums das Blatt gewendet. Der Westen ist der neue Osten – und zerfällt nun ebenfalls.
Und woran fühlt sich Wagenknecht angesichts der Ampelregierung erinnert? Genau, an die »Endzeit der DDR«. AfD-Mitgliedern wird der Vergleich bekannt vorkommen, ihre Parteiführer bezeichnen die Bundesrepublik schon lange als DDR 2.0. Ist Wagenknecht also in der falschen Partei? Für Höcke schon. »Diese Frau ist auf einem guten Weg. Machen wir gemeinsam Deutschland zur Friedensmacht.«
In einer brillanten Analyse hat der Soziologe Oliver Nachtwey das Bündnis Sahra Wagenknecht unlängst als »Vorfeldpartei« der AfD bezeichnet (FAZ vom 1.9.24). Tatsächlich bearbeitet das BSW dasselbe psychische Feld, dieselben Affektlagen und Erschöpfungsgefühle in der Bevölkerung wie die Alternative für Deutschland. Vor allen anderen haben die beiden Parteien erkannt, dass sich der Wind gedreht hat und »die liberale Zukunft« kein Versprechen mehr ist. Es gibt ein Rollback im Zeitempfinden, eine Sehnsucht nach Kontinuität, Dauer und beruhigender Gleichförmigkeit. Einfach soll das Leben sein, verständlich und durchsichtig. Lieber ein stinknormaler Mensch sein als ein flexibles Subjekt. Lieber das gute Alte als die öde Immergleichheit des Neuen. Lieber Langweile als Veränderungsstress und Kontrollverlust.
Wenn nicht alles täuscht, dann ist der Umsturz im Zeitgefühl der Grund, warum BSW und AfD im Osten als Veränderungsverhinderer auftreten, als Schutzmächte des kleinen Mannes, der einfach in Frieden gelassen werden will. Keine Experimente! Am besten, alles bleibt so, wie es ist, damit es irgendwann wieder so wird, wie es nie war. Ja, im Sozialismus roch es muffig, nicht alles war gut. Doch jeder Bürger hatte seinen festen Platz, während er im Konkurrenzliberalismus ständig kämpfen und E-Autos fahren muss. Und ja, an Weihnachten fehlte es an Zutaten für Stollen und Burgundergans. Dann halfen die lieben Nachbarn aus oder unser Onkel Erich. Die Gesellschaft war Gemeinschaft, und sie war gut.
Obwohl sie es besser weiß, bedient auch Wagenknecht die Osttümelei und rühmt die in epischer Traurigkeit erstickte DDR als das »friedfertigste und menschenfreundlichste Gemeinwesen« in der deutschen Geschichte. Der AfD wird’s gefallen. Ihr genügt eine winzige rechtsradikale Drehung, und die Wärmestube namens DDR verwandelt sich in die kommende deutsche Volksgemeinschaft. »Simson statt Lastenrad!«, ruft die AfD-Jugend und gibt schon einmal ordentlich Gas.
Wie gelangt man vorwärts in die schöne Vergangenheit? Die AfD spielt mit offenen Karten und will »das deutsche Volk« durch eine reinigende Wiedergeburt zu sich selbst befreien. Sobald die »Wendezeit« anbreche, verspricht Björn Höcke, würden die »Schutthalden der Moderne« abgeräumt, die Deck- und Dreckschichten der rotgrünversifften Gegenwart. Im wiedergeborenen Deutschland herrsche künftig das große Weniger: weniger Amerika, weniger Europa, vor allem aber weniger Fremde, eigentlich gar keine. »Wir werden ohne Probleme mit 20, 30 Prozent weniger Menschen in Deutschland leben können.« Beim »groß angelegten Remigrationsprojekt«, so tönt Höckes Bocksgesang, wird man »nicht um eine Politik der ›wohltemperierten Grausamkeit‹, wie es Peter Sloterdijk sagte, herumkommen (…). Wenn einmal die Wendezeit gekommen ist, dann machen wir Deutschen keine halben Sachen.« Man glaubt ihm jedes Wort.
In den Stürmen der Globalisierung, so scheint auch das BSW sagen zu wollen, muss der Staat die Ketten seiner moralischen Verpflichtungen abstreifen und einen gesunden Egoismus an den Tag legen
Auch für Sahra Wagenknecht, die den Faschisten Höcke nicht ausstehen kann, ist weniger mehr. Weniger Zuwanderer, weniger Waffen für die Ukraine, weniger EU, weniger Nato, weniger »BlackRock-Kapitalismus«, weniger Smartphones an Schulen. Herrschte im Sozialismus Mangel am Richtigen, so herrscht im Kapitalismus der Überfluss an Falschem: zu viele offene Grenzen, zu viel Klimahysterie, zu viele »skurrile Minderheiten«. In den Stürmen der Globalisierung, so scheint auch das BSW sagen zu wollen, muss der Staat die Ketten seiner moralischen Verpflichtungen abstreifen und einen gesunden Egoismus an den Tag legen.
AfD und BSW planen den Rückzug in die nationale Wagenburg, und das heißt: In einer Zeit, in der allen klar wird, dass globale Krisen nur supranational gelöst werden können (Umwelt, Energie, Zuwanderung), machen sie Stimmung gegen die Europäische Union – und treffen dabei sogar einen Nerv. Tatsächlich hat die europäische Einigung eine Repräsentationslücke entstehen lassen, denn je mehr die EU entscheidet, desto weniger haben nationale Parlamente zu sagen. Doch anstatt die EU weiter zu demokratisieren, will die AfD alle politische Entscheidungsgewalt auf die »Vaterländer« zurückverlagern. Mit der Erpressungsmacht von Big Money und Big Tech müsste dann jedes Land selbst klarkommen. Vermutlich wird Björn Höcke dann mit seiner Simson S51 bei Apple, Google, Amazon, Facebook und X vorfahren und sie »im Namen des Volkes« zu Strafsteuern verdonnern. Zahlbar bis Ende des Monats ohne Abzug.
Vom »Europa der Vaterländer« spricht das Bündnis Sahra Wagenknecht zwar nicht, wohl aber davon, dass Deutschland dringend seine »demokratische Souveränität« zurückerhalten solle. Der Irrweg der europäischen Integration müsse beendet werden; an die Stelle eines »supranationalen Einheitsstaats« soll die »gleichberechtigte Kooperation« der einzelnen Länder treten. Im selben Atemzug verlangt das BSW, eine starke EU solle künftig die »Gewinnverschiebung in Steueroasen unterbinden«. Wie soll das gehen?
Die Europäische Union, wie wir sie kennen, läge dann in Trümmern. Schon jetzt wird Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán über die BSW-Forderung frohlocken, EU-Vorgaben immer dann zu ignorieren, »wenn sie wirtschaftlicher Vernunft, sozialer Gerechtigkeit, Frieden, Demokratie und Meinungsfreiheit zuwiderlaufen«. Die Begründung: »Der kleinste gemeinsame Nenner ist oft schlechter als ambitionierte nationale Regelungen.« Und was nennt das BSW ambitioniert? Ambitioniert sind die unbefristete Nutzung von Verbrennermotoren und die Wiederaufnahme russischer Gasimporte. Die AfD sieht das übrigens genauso.
AfD und BSW haben schon recht: die neuen Bundesländer sind Avantgarde, sie sind das Experimentierfeld für eine andere, staatsautoritäre Politik. Oder um ein letztes Mal Žižeks Beispiel zu bemühen: 35 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung füllen zwei erfolgreiche Parteien den Raum der Zukunft mit etwas Altem, mit nationalem Egoismus. Deutschland zuerst. Hilf dir selbst, sonst hilft dir keiner.